Die NORAH-Studie beweist eindeutig die schädlichen Wirkungen des Fluglärms auf Gesundheit

Die NORAH – Studie beweist eindeutig die schädlichen Wirkungen des Fluglärms auf Gesundheit und Entwicklung

von Gudrun Bäuml

 Die NORA-Studie (Noise-Related Annoyance, Cognition and Health) untersuchte die Auswirkungen von Flug-, Straßen- und Schienenverkehrslärm auf Lebensqualität und Belästigung, Krankheitsrisiken, Schlaf, Blutdruck sowie die kognitive Leistungsfähigkeit und die Lebensqualität von Kindern.

Als Basis für die Berechnung der Lärmwirkungen wurden in einem gesonderten Studienteil aktuelle und vergangenheitsbezogene Lärmbelastungsdaten adressgenau für ca. 900 000 Adressen ermittelt.

Schwerpunkt der Studie war das Umfeld des Flughafens Frankfurt, es wurden jedoch auch Vergleichszahlen aus Köln/Bonn, Stuttgart und Berlin herangezogen.

Die Studie wurde von neun wissenschaftlichen Institutionen  im Zeitraum von 2011 bis 2015 durchgeführt. Die Kosten betrugen knapp 10 Mio. Euro und wurden überwiegend vom Land Hessen getragen. Mit ca. 10 % war Fraport beteiligt und mit geringen Anteilen Luftverkehrsgesellschaften und Kommunen.

Erste Ergebnisse lagen 2014 zur Kinderstudie vor und wurden im Band II des Zeitdokuments „50 Jahre Protest“ ab Seite 53 unter dem Titel „Fluglärm und Schadstoffe machen krank“ dargestellt.

Ende 2015 waren auch die übrigen Studienteile abgeschlossen.

Die nachfolgenden Ausführungen beziehen sich vor allem auf die Auswirkungen des Fluglärms

  1. Krankheitsrisiken
  2. Schlaf
  3. Lebensqualität und Belästigung
  4. Blutdruck

1. Krankheitsrisiken

Die NORAH-Studie hat die Gesundheitsdaten von ca. 1 Mio. Menschen aus dem Rhein-Main-Gebiet ausgewertet. Basis waren die anonymisierten Versichertendaten von drei großen Krankenkassen. Für einen Teil der Studie wurden die Wirkungen der Lärmbelastung bis zu 18 Jahre in die Vergangenheit ermittelt. Die Ergebnisse wurden durch vertiefende Befragungen zum Lebensstil, besonderen Risiken und zur Lärmhistorie ergänzt.

 Es sollte beziffert werden, bei welcher Verkehrslärmbelastung das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Herzinfarkt, Schlaganfall, Brustkrebs oder Depressionen wie stark ansteigt.

Die Ergebnisse der Studie sind für die Autoren, die Fachwelt und für uns Bürgerinitiativen und vom Fluglärm Betroffene erschreckend.

Kennen Sie die gesundheitlichen Gefahren des Fluglärms?

Fluglärm führt zu mehr Herzinfarkten, mehr Schlaganfällen, häufigerem Auftreten einer Herzschwäche und sehr häufig zu Depressionen.

 Es sterben mehr Menschen am Verkehrslärm als am Verkehr selbst!

 Risiko Herzinfarkt

 Das Infarktrisiko ist bereits bei einem Dauerschallpegel unter 40 dB erhöht!

 Das Sterblichkeitsrisiko steigt ab 40 dB pro 10 dB um 6-8% und ab 60 dB um 25%!

 Bei einem Pegel zwischen 50 und 60 dB morgens zwischen 5 und 6 Uhr ist das Risiko einen Herzinfarkt zu erleiden um 25% erhöht !

 Ein Fluglärmpegel von 60 dB und mehr erhöht das Infarktrisiko auf das 2,7fache!!!   (zum Vergleich: bei entsprechend lautem Schienenverkehr liegt die Risikoerhöhung nur bei 26%)

Risiko Schlaganfall

 Das Schlaganfallrisiko steigt bei einem Dauerschallpegel unter 40 dB bereits signifikant an, wenn Einzellschallereignisse über 50 dB liegen.

Erhöhte Risiken gibt es auch bei 55-60 dB in der Zeit von 23 bis 5 Uhr morgens und noch stärker bis 7 Uhr morgens.

 Bei über 60 dB steigt das Schlaganfallrisiko um 62%!

 Längere Wohndauer unter Fluglärm  erhöht  das Risiko ebenfalls.

 Risiko Herzschwäche

Das Risiko der Herzinsuffizienz ist durch Fluglärm statistisch signifikant erhöht.

Frauen sind mit 2,1 % Risikoerhöhung etwas stärker betroffen als Männer.

Auch hier erhöhen Maximalpegel ab 50 dB das Insuffienzrisiko bereits bei Dauerschallpegeln von 40 dB.

Personen unter 60 Jahren haben ab 40 dB ein steigendes Herzinsuffizienzrisiko, bei Älteren sind die Risiken vor allem zwischen 40 und 45 dB erhöht.

Besonders hoch sind die Risiken des Fluglärms in den Nachtstunden zwischen 22 und 7 Uhr.

Innenraumpegel weisen noch deutlicher als die Aussenpegel auf erhöhte Krankheitsrisiken hin.

Damit wird in der NORAH-Studie der Lärm als ursächlicher Beitrag für die Entwicklung von Herzinsuffizienz gesehen.

 Risiko Brustkrebs

Während für die meisten Verkehrslärmarten kein erhöhtes Brustkrebsrisiko gefunden wurde, ist das Risiko unter hohem Fluglärm extrem.

Ab 55 dB Dauerschallpegel in der Nacht von 23 bis 5 Uhr steigt das Brustkrebsrisiko auf das Dreifache, für die Zeit von 23 bis 7 Uhr ist es noch um 50 % erhöht.

Eine längere Wohndauer unter Fluglärm erhöht das Brustkrebsrisiko bei 5 Jahren auf das Vierfache, bei 10 Jahren auf das Doppelte.

 Risiko Depression

 Das Erkrankungsrisiko ist unter Fluglärm besonders hoch.

 Es steigt pro 10 dB Dauerschallpegel um ca. 9%.

 Frauen sind etwas stärker betroffen als Männer, das Risiko ist bei unter 60jährigen etwas höher als bei Älteren.

Statistisch signifikante Risikoerhöhungen finden sich in der gesetzlichen Nacht (22-6 Uhr) bereits ab 40 dB Dauerschallpegel.

Ebenfalls statistisch signifikante Erkrankungsrisiken finden sich bei Betrachtung der Fluglärmbelastung bis 7 Uhr morgens!

 Auch die Wohndauer erhöht die Erkrankungswahrscheinlichkeit.

 Experten erklären zum Studienteil der Krankheitsrisiken, daß diese von bevölkerungspolitischer Bedeutung sind und auf keinen Fall unterschätzt werden dürfen.

 Dagegen werden von Fraport die Krankheitsrisiken kleingeredet, auf die (aus Sicht der Betroffenen völlig unzureichenden) Schutzmaßnahmen hingewiesen und das Arbeitsplatzargument strapaziert.

Der Projektleiter der NORAH-Studie hat erklärt, dass die Einschätzungen von Fraport und der Luftverkehrswirtschaft interessengeleitet sind und unterschlagen wird, dass die gesundheitlichen Auswirkungen des Fluglärms zum Teil alarmierend und im Fall der Belästigung überwältigend sind.

2. Schlafstudie

 In der Schlafstudie sollten die Auswirkungen des Fluglärms auf den Schlaf untersucht werden. An den Messungen (2011 vor der Eröffnung der Landebahn Nordwest, 2012 und 2013) nahmen insgesamt etwa 200 sogenannte „schlafgesunde“ Personen im Alter von 18 bis 78 Jahren teil, die dicht an den Flugpfaden wohnten. Die Messungen fanden in der normalen Wohnumgebung statt. Durch die Definition „schlafgesund“ waren allerdings eine Reihe von Personengruppen ausgeschlossen wie Personen mit chronischen Krankheiten, z.B. Herzrhythmusstörungen, Allergien, Schnarcher, Personen mit Kindern unter 6 Jahren im Haushalt, Schichtarbeiter u.a.

Für die ersten beiden Messungen wurde die recht aufwendige Methode der Polysomnografie verwendet, für die dritte Messung die einfachere Methode der Vermessung vegetativ-motorischer Störungen im Schlaf.

Die Ergebnisse der Schlafstudie zeigen ähnlich wie die Studie zu den Krankheitsrisiken die Belastungen, wie sie Betroffenen ohnehin bekannt sind.

Guter Schlaf  – bei 80 dB Maximalpegel eine Illusion

Die Nachflugbeschränkung von 23 bis 5 Uhr am Flughafen Frankfurt bringt für Personen, die zwischen 23 und 7 Uhr 30 schlafen wollen, so gut wie keine Verbesserung.

Die Aufwachreaktionen sind aufgrund der hohen Lärmbelastungen in den Morgenstunden fast genauso hoch wie vorher.

 Lediglich Frühaufsteher werden seltener geweckt.

Müdigkeit und Schlappheit am Morgen steigen in beiden Fällen. Die Kurve der Belästigung am Morgen durch Fluglärm steigt sowohl mit der Anzahl der Überflüge als auch mit dem Schallpegel.

Allerdings ist der Einzelereignispegel entscheidend für die Aufwachreaktion, pro 10 dB Anstieg des Maximalpegels bei einem Hintergrundpegel von knapp 30 dB steigt die Aufwachwahrscheinlichkeit um 23 %!

Die Überfluggeräusche lagen zwischen 30 und über 80 dB, Innenpegel gingen bis 70 dB.

Auch die Geräuschlängen, die bis 200 sec gemessen wurden, verstärken die Aufwachreaktionen.

Das subjektive Empfinden „guter Schlaf“ ist seit Eröffnung der Landebahn Nordwest messbar gesunken.

80% der Betroffenen gewöhnen sich nicht gut an den FluglärmVegetative Reaktionen sind bei gleichem Maximalpegel häufiger als die Aufwachreaktionen, es wurden auch Herzfrequenzbeschleunigungen gemessen, die Kreislaufstörungen bewirken können.

 3. Lebensqualität und Belästigung

 In diesem Studienteil sollten die Wirkungen des Fluglärms auf die Lebensqualität der Anwohner und die subjektiv empfundene Belästigung erforscht werden. Die untersuchten Aspekte waren die Schallpegel, die Zeit und der Zeitverlauf, die Art der Lärmquelle (hier Vergleich mit Auto- und Schienenlärm), psychologische Faktoren und ein Vergleich mit anderen Flughäfen.

Die Befragungen wurden 2011, 2012 und 2013 durchgeführt.

Es sollten etwa 19 000 Teilnehmer befragt werden. Im Laufe der Untersuchung schrumpfte jedoch die Teilnehmerzahl besonders im Rhein-Main-Gebiet beträchtlich, was in den anschließenden Ergebnisdiskussionen zu erheblicher Kritik führte.

Die NORAH-Studie beweist die Einschränkungen unserer Lebensqualität

Die Belästigung durch  Lärm generell steigt über einen längeren Zeitraum ständig an. Dies zeigt auch ein internationaler ‚Trend:

Dauerschallpegel

dB

Anteil der stark und

äußerst stark Belästigten

2005

Anteil der stark und äußerst stark Belästigten

2013

 35 3% 10 %
40 7 % 18 %
45 14 % 22 %
50 27 % 50 %
55 50 % 70 %
60 70 % 85 %
65 85 % 95 %

Flugzeuge stören bei gleichem Schallpegel mehr als Autos und Eisenbahnen!

Dauerschallpegel

dB

 

Anteil der stark oder äußerst stark Belästigten  

– Fluglärm –

Anteil der stark oder äußerst stark Belästigten

   – Schiene/Straße –    

               40              20 %               5 %
               50              65 %            7 – 10 %
               60              90 %           18 – 20 %
               65              95 %              28 %
               80        Keine Angabe           55 – 70 %

 

Zwei Drittel aller von einem Fluglärm-Dauerschallpegel von 50 dB Betroffenen fühlen sich stark oder äußerst stark belästigt.

Bei 60 dB sind es 90 % aller Betroffenen!

Entscheidend für den höheren Störungsgrad sind nicht die Dauerschallpegel, sondern vor allem Einzelschallereignisse und Maximalpegel!

Mangelndes Vertrauen in die Fairness der Entscheider über den Fluglärm (Politik und Luftverkehrswirtschaft) vermindern die Lebensqualität ebenso wie das Ausgeliefertsein gegenüber intransparenten Verfahren und die Ängste vor Bedrohungen (Absturz, Wirbelschleppen, Schadstoffe).

Weitere Gründe für den hohen Störungsgrad liegen im individuell unterschiedlichen Vermögen zur Lärmbewältigung.

Straßen- und Schienenlärm könnte aufgrund der Benutzungshäufigkeit eher akzeptiert werden.

Es ist bewiesen, dass die vom Fluglärm verursachten körperlichen Belästigungen wie Schlafentzug, Kommunikationsstörungen, Störungen der Ruhe und Konzentration und psychovegetative Störungen zu chronischen Krankheiten führen können.

In der Studie wird gefordert, dass das subjektive Schlafempfinden ernst genommen werden muss, ebenso die Differenz zwischen objektiven Messungen und subjektivem Empfinden.

Die NORAH-Studie fordert auch eine Erweiterung der Dosis-Wirkungskurve als Basis für das Lärmschutzgesetz.

4. Blutdruck

Diese Teilstudie sollte die Auswirkungen des Fluglärms auf die für Herz und Kreislauf relevanten Parameter Blutdruck, Herzfrequenz und Blutdruckamplitude untersuchen.

Etwa 800 Teilnehmer (aus der Lebensqualitätsstudie) haben über einen Zeitraum von 3 Wochen jeden Morgen und jeden Abend ihren Blutdruck selbst gemessen. Nach einem Jahr wurden die Messungen von einem Teil der Probanden wiederholt.

Personen mit erhöhtem Blutdruck waren zunächst ausgeschlossen. Bei einigen stellte sich während der Untersuchung Bluthochdruck heraus, diese gingen in die Auswertung mit ein.

Die Studie konnte keinen statistisch eindeutigen Zusammenhang zwischen Fluglärm und den Blutdruckwerten feststellen.

Es gibt jedoch Hinweise, dass der Anstieg des Blutdrucks durch Fluglärm bei bestimmten Personengruppen ausgeprägter ist (Männer, ältere Menschen, Blutdruckpatienten und Menschen mit einer mittleren Lärmempfindlichkeit.

Die Studie ist sowohl von der Methodik her als auch im Ergebnis umstritten.

Konsequenzen aus der NORAH-Studie und Forderungen der Bürgerinitiativen

Die NORAH-Studie macht deutlich, dass die Risiken für die unter Fluglärm leidende Bevölkerung erheblich sind. Es treten mehr Krankheitsfälle auf und die Zahl der auf den Fluglärm zurückzuführenden zusätzlichen Todesfälle geht nach Expertenschätzungen in die Tausende. Diese Erkenntnis sowie die Erkenntnisse zu Schlafstörungen, zu den Einschränkungen der Lebensqualität und zur Verlangsamung der kindlichen Entwicklung sollten Alarmzeichen für alle an den Entscheidungsprozessen zum Flughafenausbau Beteiligten sein, ihrer Verantwortung für Gesundheit und Wohlbefinden der betroffenen Bevölkerung nachzukommen.

Eine isolierte einzelwirtschaftliche Zielsetzung und Betrachtungsweise  der Luftverkehrswirtschaft kann nicht akzeptiert werden. Zumal alle durch die fatalen gesundheitlichen Folgen des Luftverkehrs entstehenden Kosten der Allgemeinheit aufgebürdet und nicht verursachergerecht zugeordnet werden.

Die Forderungen der Bürgerinitiativen gegen den Flughafenausbau im Rhein-Main-Gebiet werden durch die Ergebnisse der NORAH-Studie in hohem Maße untermauert:

  • Nachtflugverbot von 22 bis 6 Uhr!
  • Verringerung der Flugbewegungen auf 380 000 im Jahr!
  • Schließung der Nordwest-Landebahn!
  • Einklagbare Grenzen der Belastungen!
  • Kein Terminal 3 und kein weiterer Ausbau des Flughafens!

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