Die Städte Frankfurt und Mainz im Kampf gegen den Flughafenausbau und für mehr Lärmschutz

von Dirk Treber

Ende Juli 2017 gab es in Frankfurt einen in den Medien vielbeachten „Fluglärm-Tag“ und in Mainz Anfang August eine gut besuchte Informationsveranstaltung zur „Klage für ein Nachtflugverbot von 22 bis 6 Uhr“.

Es ist positiv zu bewerten, dass sich zwei große Städte im Rhein-Main-Gebiet um die Belastungen ihrer Bevölkerung durch Fluglärm annehmen und doch zeichnet beide Veranstaltungen eine gewisse Ratlosigkeit aus, wie es jetzt mit dem Kampf für mehr Schutz vor Fluglärm oder noch weiter gefasst, für mehr Lebensqualität im Rhein-Main-Gebiet weitergehen soll.

Situation in Frankfurt

Wenden wir uns zunächst den Ereignissen in Frankfurt zu.

Dort wurde nach der letzten Kommunalwahl eine mit vier Personen besetzte Stabsstelle Fluglärmschutz eingerichtet.

Diese Stabsstelle soll Anlaufstelle für die vom Fluglärm geplagte Bevölkerung sein, sie soll der städtischen Vertretung in der Fluglärmkommission (FLK) zuarbeiten und sie soll weitergehende Aktivitäten in Sachen Fluglärmschutz entwickeln.

Wie läuft dies für die praktische Politik der Stadt Frankfurt ab:

Unter OB Peter Feldmann, allerdings mit einer schwarzen-grünen Mehrheit in der Stadtverordnetenversammlung, wurde die Baugenehmigung für das Terminal 3 durch den grünen Planungsdezernenten Olaf Cunitz durchgewinkt, von OB Feldmann war dazu kein Wort der Kritik zu hören.

OB Peter Feldmann fordert ein Nachtflugverbot von 22.00 bis 6.00 Uhr. Dies ist sinnvoll, doch was tut er als Vertreter der Stadt Frankfurt im Aufsichtsrat der Fraport AG dafür?

Was wurde im Konsortialvertrag zwischen dem Land Hessen und der Stadt Frankfurt vereinbart und welche Initiativen wurden bisher auf dieser Grundlage unternommen, um zu mehr Lärmschutz für die Flughafenanwohner zukommen?

Was ist aus der Ankündigung von OB Feldmann geworden, die Stadt Frankfurt werde der Initiative Zukunft Rhein-Main (ZRM) beitreten?

Welche Einwendung hat die Stadt Frankfurt zum neuen Landesentwicklungsplan (LEP) gemacht? Hat sie sich gegen die Formulierung, dass das Land Hessen die weitere wirtschaftliche  Entwicklung des Flughafens fördert wird, gewendet? Dies ist unbekannt, aber gab es keine Einwände, weil die Stadt als Anteilseigner der Fraport AG die wirtschaftliche Entwicklung des Flughafens fördern und nicht durch achtstündige Betriebsbeschränkungen in ihrer Wettbewerbsfähigkeit einschränken will.

Was bleibt vom Engagement der Stadt Frankfurt für mehr Fluglärmschutz übrig?

Eine Stabsstelle Fluglärmschutz und eine Forderung nach einem Nachtflugverbot von 22.00 bis 6.00 Uhr.

Zur der angekündigten Errichtung zweier Messstellen für Feinstaub werde ich mich im Zusammenhang mit den Ausführungen zu den Aktivitäten der Stadt Mainz äußern.

Situation in Mainz

Tenor der Informationsveranstaltung der Stadt Mainz war, dass nach der erfolglosen Klage der Stadt für ein achtstündiges Nachtflugverbot, es sehr schwierig und kostenintensiv ist, in die nächste Instanz zu gehen und dort weiter zu klagen. Die Erfolgsaussichten werden von  dem städtischen Rechtsanwalt Dr. Martin Schröder als wenig erfolgsversprechend beurteilt.

Folgerichtig entscheidet die Stadt Mainz, auf eine Fortsetzung der Klage zu verzichten und stattdessen die noch ausstehenden Klagen von ca. 50 Privatpersonen, die sich im „Verein Für Flörsheim“ organisiert haben, zu unterstützen. Dies ist zwar sehr löblich, wird aber wahrscheinlich genau so wenig Erfolg haben wie ähnliche Klagen anderer Städte und Einzelpersonen, die bis vor das Bundesverfassungsgericht gezogen sind.

Gerade die Mainzer Veranstaltung hat gezeigt, dass es bei zahlreichen Mitgliedern der dortigen Bürgerinitiativen erhebliche Illusionen über die Klagemöglichkeiten gibt. So wurde mehrfach gefragt, ob nicht die Zusammensetzung der 4. Kammer des VGH Kassel durch den damaligen Hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch beeinflusst worden wäre. Dieser Sachverhalt wird sich letztlich nicht klären lassen, aber offensichtlich ist, dass diese obersten Hessischen Verwaltungsrichter, wenn sie sich mit dem Ausbau des Frankfurt Flughafens beschäftigen, mit der Auslegung von zwei Bundesgesetzen, nämlich dem Luftverkehrsgesetz und dem Fluglärmschutzgesetz, zu befassen haben und keine Sonderrechtsprechung für Hessen und Rheinland-Pfalz machen können. Diese Position wurde bei der Info-Veranstaltung auch durch den Rechtsanwalt Dr. Martin Schröder bestätigt.

Gleiches gilt für den Vorschlag eines Staatsvertrages zwischen den Ländern Hessen und Rheinland-Pfalz zum Frankfurt Flughafen: auch dort kann sich nicht über bundesgesetzliche Regelungen hinweggesetzt und nicht ein achtstündiges Nachtflugverbot oder mehr Lärmschutz als im Fluglärmschutzgesetz vorgesehen ist, vereinbart werden, sondern auch hier gelten die entsprechenden Bundesgesetze.

Ein anderer Vorschlag war, jetzt doch noch weiter zu klagen, weil wenn eine neue Bundesregierung im Herbst 2017 zustande kommt und diese ein neues Fluglärmschutzgesetz verabschiedet, die Richter diese neue Gesetzesgrundlage zu beachten haben. Unabhängig davon, dass es wahrscheinliche keine Mehrheiten im neuen Bundestag für eine Änderung des Luftverkehrsgesetzes oder das Fluglärmschutzgesetzes geben wird, dauert dieses Gesetzgebungsverfahren viel zu lange, als das dies die obersten Richter bei ihrer Entscheidungsfindung abwarten würden.

Dann wurde die durch Fluglärm verursachte Feinstaubbelastung als weiteres Klageargument herangeführt. Richtig ist, dass gerade das Stuttgarter Urteil in Sachen Luftbelastung durch den Autoverkehr gezeigt hat, dass die Rechtsprechung für dieses Thema sensibilisiert worden ist.

Es muss allerdings zur Kenntnis genommen werden, dass die Schadstoffbelastung der Luft nicht im Einzelnen auf den Straßenverkehr, den Luftverkehr, das Gewerbe, die Industrie und die Landwirtschaft zurückzuführen ist, sondern das all diese Faktoren gemeinsam zur Luftverschmutzung insbesondere in den städtischen Ballungsräumen beitragen.

Was die Messung von Luftschadstoffen durch den Flugverkehr anbetrifft, so bewegt sich inzwischen auf der Ebene des Landes Hessen und auch beim Umweltbundesamt in Dessau einiges. Aber die bisher vorliegenden Messergebnisse sind in keiner Weise ausreichend, um dadurch ein neues Urteil gegen den Flughafenausbau und für eine längere Nachtruhe zu erlangen. Ich denke, dass mindestens noch fünf oder besser noch zehn Jahre lang gemessen werden wird, um die Luftbelastung durch den Flugverkehr zu ermitteln.

Fazit

Es ist lobenswert, wenn jetzt die Städte Frankfurt und Mainz mit eigenen Luft-Mess-Stationen zur Sammlung von Daten über die Ultrafeinstaubbelastung durch den Flugverkehr  beitragen wollen, aber dies ist nur ein kleiner Schritt, eigentlich ist hier das Land Hessen gefordert, im Rahmen einer Gesamtbelastungsstudie zum Frankfurter Flughafen Klarheit über die Umweltsituation im Rhein-Main-Gebiet zu schaffen.

Was bedeutet dies für den weiteren Kampf gegen die negativen Auswirkungen des Flughafenausbaus in Frankfurt?

Die Landes- und Bundespolitiker sind hauptsächlich dadurch zu beeinflussen, wenn es gelingt, möglichst viele Bürger, Vereine, Verbände, Städte und Gemeinden für unsere Forderungen zu gewinnen und diese zu motivieren, uns in der Öffentlichkeit zu unterstützen.

Dazu muss jedoch in einem viel stärkeren Maße als bisher in den Städten und Gemeinden in Südhessen, Frankfurt, Mainz und Rheinland-Pfalz für unsere Forderungen geworben werden. Mit den Montagsdemonstrationen alleine erreichen wir nicht die Bürgerinnen und Bürger in den genannten Regionen und Städten.

Wir müssen in einem viel größerem Umfang als bisher politische Gremienarbeit – FLK, FFR, Stadt- und Gemeindeparlamente – machen und per Lobbypolitik in Wiesbaden, Mainz, Frankfurt, Berlin und Brüssel für unsere Ziele werben. Es reicht nicht, einmal im Jahr in Wiesbaden, Berlin oder Brüssel vorstellig zu werden, sondern wir müssen uns bundes- und europaweit besser vernetzen, um so für unsere Zielsetzungen zu kämpfen.

Dies alles erfordert auch eine gewisse Professionalisierung unseres Engagements und eine engere Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern, Juristen und Medizinern.

Auch durch interessante Veranstaltungen und eine bessere Presse- und Öffentlichkeitsarbeit sollten wir unsere Medienpräsens steigern. Dies erscheint mir insbesondere notwendig, weil die Montagsdemonstrationen – über 200 Demos und über 55 Mahnwachen – inzwischen für die 200 bis 300 noch demonstrierenden Menschen ein lieb gewordenes Ritual sind, der politische Druck dadurch aber nur noch sehr gering ist. Die Hartnäckigkeit und Ausdauer der Fluglärmgegner beeindruckt die Politik leider viel zu wenig.