Flughafenpolitik der Hessischen Landesregierung – Brief an MP Volker Bouffier

Dipl.-Soz. Hans Schinke Offenbach, den 06.04.2017

Hessische Staatskanzlei
Herrn Ministerpräsidenten
Volker Bouffier

Flughafenpolitik der Hessischen Landesregierung

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident,

als am Gemeinwohl meines Heimatlandes interessierter Bürger wende ich mich heute an Sie aus Sorge um die weitere Entwicklung des Flughafens Frankfurt und des Kassel Airports, früher Flughafen Kassel-Calden. Sie sind nicht nur Ministerpräsident des Landes Hessen, sondern stehen darüber hinaus mit 31,36 % auch in der Verantwortung für den größten Anteilseigner der Fraport AG.

Bereits auf der Hauptversammlung am 20. Mai 2016 hatte der Vorstandsvorsitzende der Fraport AG, Dr.
Stefan Schulte, angekündigt, dass sich der Flughafenbetreiber dem Markt der Low-Cost-Carrier (LCC) auf Dauer nicht verschließen könne. Die durch weniger aufwendigen Service günstigeren Airlines hätten bei Flughäfen in Europa mittlerweile einen Marktanteil von fast 30 Prozent. Während in Frankfurt für die kommenden Jahre insgesamt ein Passagierwachstum von zwei bis drei Prozent erwartet würde, könnten höhere Wachstumsraten nur an Flughäfen erzielt werden, die sich speziell für Low-Cost Carrier öffnen, sagte Dr. Schulte – ein fundamentaler Wechsel in der bisherigen Unternehmensstrategie mit weit reichenden Folgen. Bereits Ende März 2017 stationierte Ryanair zwei Maschinen am Frankfurter Flughafen. Im Herbst 2017 soll das Angebot dann auf sieben Maschinen ausgeweitet werden. Im Mai kommt mit der ungarischen Wizz Air der nächste Billigflieger. Auch Eurowings-Chef Ulrich Garnadt hat schon angekündigt, dass nach München in diesem Jahr ab 2018 auch Frankfurt als der größte deutsche Flughafen angeflogen werden soll.
In einer ARD-Dokumentation über die Billigflieger wird Ryanair-Chef Michael O’Leary mit den Worten zitiert.
„Die Beschäftigten sind unser größter Kostenblock, und viele sind so faul, dass wir sie ständig in den Hintern

treten müssen.“ Nach den in den seriösen Medien zur Verfügung stehenden Informationen gehört es zur aus- drücklichen Unternehmensstrategie von Ryanair, mit Hilfe ausgeklügelter Vertragswerke jede sich legal bie- tende Lücke in der europäischen Steuer- und Sozialgesetzgebung zu nutzen, um in Deutschland die Zahlung von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen möglichst zu vermeiden. Dadurch besteht gleichzeitig für die Beschäftigten, deren Löhne und Arbeitsbedingungen auf das niedrigstmögliche Niveau gedrückt werden, keinerlei Transparenz über ihre arbeitsvertraglichen Ansprüche. Diese asoziale Unternehmensphilosophie von Ryanair hat verheerende Folgen für den Wettbewerb. Eurowings-Chef Ulrich Garnadt hat bereits angekündigt, dass man sich zwangsläufig und notgedrungen am Niveau der Wettbewerber werde orientieren müsse, um auf Dauer im Markt bestehen zu können. Das bedeutet, dass es auch dort auf breiter Front zur Absenkung (Neu- deutsch: Flexibilisierung) der Löhne, der Überstundenzuschläge, der Urlaubsansprüche, des Freizeitaus- gleichs, der Ruhezeiten und sonstiger Arbeitsbedingungen kommen wird. Aber nicht nur dort. Durch die Ab- senkung der Flughafenentgelte und Abfertigungsgebühren sowie durch die den LCC von Fraport garantierten kurzen Stand- und Wendezeiten kommen auch deren eigene Kernsegmente Ground Handling und Aviation weiter unter Druck. Nach dem Geschäftsbericht 2016 der Fraport AG weist der Bereich Bodenverkehrsdienste und Infrastruktur ein gegenüber 2015 um 11,5 Mio. Euro erneut verschlechtertes EBIT-Ergebnis von minus 5,5 Mio. Euro aus. Und auch bei den Flughafenentgelten und Sicherheitsleistungen ging das EBIT-Ergebnis um 46 Mio. Euro auf 70 Mio. Euro zurück. Beides sind bedenkliche Signale für die weitere wirtschaftliche Entwick- lung des Flughafenbetreibers.

Nach den vorstehenden Ausführungen bleibt es mir ein Rätsel, wie mit einem vom hessischen Verkehrsminis- ter Tarek Al-Wazir genehmigten Incentive-Programm eine Fluggesellschaft nach Frankfurt geholt werden konnte, die ganz offensichtlich jede soziale Verantwortung als Steuerzahler und Unternehmer ablehnt und ihre Arbeitnehmer nur als lästigen Kostenblock betrachtet. Die bisherigen Signale deuten ganz klar darauf hin, dass sich Ryanair wie auch die anderen LCC in Frankfurt dauerhaft engagieren und sich von dort aus zusätzli- che Marktpotentiale erschließen will. Diese langfristige unternehmerische Entscheidung fällt völlig unabhängig von zeitlich befristeten finanziellen Anreizen. Das Incentive-Programm ist ein angenehmer Mitnahmeeffekt, der allerdings zu Lasten des Betriebsergebnisses von Fraport geht. Empört bin ich zudem darüber, dass der Mi- nisterpräsident des Landes Hessen einen solchen Arbeitgeber dann auch noch offiziell ausdrücklich begrüßt und in Frankfurt herzlich willkommen heißt.

An dieser Stelle sollte nicht unerwähnt bleiben, dass die Fraport AG an dieser ganzen Situation allerdings nicht ganz schuldlos ist, weil sie die Entwicklung der Flugbewegungen interessengeleitet zu optimistisch prog- nostiziert und demzufolge die Marktdynamik der Low-Cost-Carrier völlig falsch eingeschätzt hat. So war die Fraport AG bei ihrer ursprünglichen, im Herbst 2004 mit dem Antrag auf Bau einer neuen Landebahn einge-

reichten Schätzung von einer Entwicklung bis 2015 von rund 660.000 Flugbewegungen und 80 Millionen Pas- sagieren per anno ausgegangen. 468.153 Flugbewegungen und 61 Mio. Passagiere sind es aber in der Praxis in 2015 nur geworden. Im September 2014 musste die Fraport AG mit neuen Gutachten überdies ihre Prog- nose für 2020 mit damals 701.000 Flugbewegungen auf neu 529.000 bzw. 526.000 drastisch nach unten kor- rigieren. Diese peinlichen Korrekturen fördern nicht eben das Vertrauen in die Prognosefähigkeit der beauf- tragten Institute Intraplan und MKmetric. Die Intraplan Consult GmbH aus München hat ja nicht nur in Frank- furt, sondern auch mit ihren Fehlprognosen für die Entwicklung des Kassel Airports ihre Expertise eindrucks- voll unter Beweis gestellt.

Die Fehleinschätzungen der Fraport AG über die zukünftige Entwicklung des Luftverkehrs kommen den Flug- hafenbetreiber bei der Nordwest-Landebahn bereits jetzt teuer zu stehen. Im Geschäftsbericht 2011 äußert sie sich zur Wirtschaftlichkeit der neuen Landebahn wie folgt: „Durch den Bau der neuen Landebahn kommen in den nächsten Jahren Mehrbelastungen von rund 50 Millionen Euro allein durch Abschreibungen auf uns zu. Dazu kommen knapp 40 Mio. Euro an Zinsaufwendungen, die im Zusammenhang mit der Finanzierung des Investitionsvolumens stehen. Der Betrieb der Landesbahn an sich kostet uns dann jährlich noch etwa 10 Mio. Euro.“ Das ergibt eine Ergebnisbelastung durch die neue Landebahn von insgesamt 100 Mio. Euro jährlich. Hierzu hieß es im Geschäftsbericht 2009: „Zur Finanzierung dieses Betrags brauchen wir in den nächsten Jahren eine deutliche Erlössteigerung. Treiber der erlösseitigen Steigerung wird nach dem Ausbau des Flug- hafens insbesondere das Verkehrswachstum sein, das wir durch die neue Landebahn realisieren werden.“ Dieses erwartete Verkehrswachstum ist bislang bei 462.885 Flugbewegungen in 2016 jedoch nicht eingetre- ten. Im Gegenteil, die Flugbewegungen sind ständig zurückgegangen. Damit konnten die benötigten Zusatzer- löse zur Re-Finanzierung des Landebahn-Investments bislang operativ auch nicht erwirtschaftet werden, ein Sachverhalt, der eigentlich dringend Gegenstand der Beratung im Aufsichtsrat der Gesellschaft sein müsste. Der Bau der neuen Landebahn war ursprünglich begründet worden mit fehlenden Slotkapazitäten und rasant steigenden Flugbewegungen. Jetzt, nachdem von steigenden Flugbewegungen nicht mehr die Rede sein kann, wird der Bau interessanter weise vor allem begründet mit der Optimierung der Betriebsabläufe, der Er- höhung der Pünktlichkeit sowie mit der Verbesserung der Stabilität des Flugbetriebs.

Dringend Gegenstand der Beratung im Aufsichtsrat der Gesellschaft müsste allerdings auch die Wirtschaft- lichkeit des Terminals 3 sein. Das 3 Mrd. Euro Investment war neben dem Wachstum des Luftverkehrs vor allem begründet worden mit dem hohen Komfort, den man Passagieren aus aller Welt in Zukunft bieten müs- se. Eine Abfertigung auf dem Vorfeld wie in Dritte-Welt-Ländern üblich sei den Fraport-Kunden nicht mehr zuzumuten, so Fraportchef Schulte. Außerdem entstünde mit T3 als „Visitenkarte für die Region“ ein innovati-

ves Abfertigungsgebäude, das beim Kundenservice, der Qualität und den käuferorientierten „Marktplätzen“ mit insgesamt 9.800 Quadratmetern neue Maßstäbe setze. Genau darauf aber legen die Low-Cost-Carrier gar keinen Wert. Ryanair, Wizz Air und ab 2018 Eurowings mit ihrem knallharten Kostenmanagement wollen ne- ben ultrakurzen Stand- und Wendezeiten möglichst geringe Flughafenentgelte und niedrige Abfertigungsge- bühren. Die Billigflieger sind hier genauso geizig wie ihre Passagiere, die keinen Cent auf den neuen Markt- plätzen von Terminal 3 ausgeben werden. Davon aber hängt die Refinanzierung des Milliardeninvestments ganz wesentlich mit ab. „Keine Frage, die Läden sind wichtig. Ohne deren Einnahmen wären große Investitio- nen wie die neue Landebahn nicht finanzierbar.“ (Dr. Schulte in der WIRTSCHAFTSWOCHE vom 11.10.2011). Fraport braucht dafür den eingeplanten Netto-Retailerlös pro Fluggast von 4 Euro aus dem Um- satz der Ladengeschäfte. Davon ist man allerdings zurzeit immer noch weit entfernt, nachdem der Netto- Retailerlös pro Fluggast von 3,62 Euro im Geschäftsjahr 2015 auf 3,49 Euro in 2016 weiter abgesunken ist. Nachdem bekannt wurde, dass Fraport auf dem Gelände von T3 einen gesonderten Flugsteig für die LCC- Kunden planen soll, muss sich der Aufsichtsrat der Gesellschaft dringend mit der Frage befassen, ob diese Umplanung noch planfeststellungskonform ist und wie sich diese Umplanung auf die ursprünglich angesetzte Investitionssumme, die Wirtschaftlichkeit und die Re-Finanzierung des Terminals 3 grundsätzlich auswirkt.

Nach meiner Bewertung des heutigen Sachstandes lassen sich deshalb derzeit folgende Risikofelder identifi- zieren:
• Discountangebote für die Low-Cost- Carrier im Verbund mit Premiumdienstleistungen sind ge- schäftsschädigend für Fraports Kernmarke und stören erheblich die traditionellen Kundenbeziehun- gen.

• Die operativ nicht erwirtschafteten Zusatzkosten für die Nordwest-Landebahn belasten langfristige das Konzernergebnis.

• Das zukünftige Nutzungskonzept für Terminal 3 ist weiterhin ungeklärt mit hohen Risiken für die Re- Finanzierung dieses großen Infrastrukturprojekts.

• In diesem Jahr soll Istanbul III mit sechs Startbahnen, Stellplätzen für 500 Flugzeuge und einer Ka- pazität von 150 Millionen Passagieren im Jahr an den Start gehen. In Dubai entsteht im gleichen Jahr für 25 Mrd. Euro ein neuer Flughafen mit mindestens 5 Start- und Landebahnen. Dem gegen- über kann das Drehkreuz Frankfurt mit seinen vier Bahnen, davon eine Nur-Startbahn West quer zur Center- und Südbahn und einer Nur-Landebahn für leichtere Maschinen jenseits der Autobahn mit langen Wegen zu den eigentlichen Abfertigungsgebäuden, auf Dauer nicht effizient und wettbe- werbsfähig betrieben werden.

• Der Ausbau des Angebots für die Low-Cost-Carrier in Frankfurt bedeutet faktisch das Aus für Kas- sel Airport.

Wie stellt sich die Entwicklung von Kassel Airport seit Eröffnung im April 2013 dar?
„Kassel-Calden ist weder ein waghalsiges Experiment mit ungewissem Ausgang für das Land und den Steuer- zahler noch ein Betondenkmal für Landes- oder Regionalpolitiker. Kassel-Calden ist vielmehr ein grundsolides und hervorragend administriertes Projekt, das wir am Ende auch dauerhaft wirtschaftlich betreiben werden.“ Diese Darstellung auf der Homepage des Hessischen Finanzministeriums wird allein vom trügerischen Prinzip Hoffung und von Selbsttäuschung getragen. Die harte wirtschaftliche Wirklichkeit hingegen sieht völlig anders aus. Zur Erinnerung: Vor dem Umbau hatte der Flughafen nach Darstellung des damaligen Geschäftsführers Jörg Ries ein Defizit von 1 Mio. Euro und flughafenbezogene Steuereinnahmen von 25,7 Mio. Euro. Nach einer Investition von 282 Mio. Euro, die doch eigentlich dazu dienen sollten, die Effizienz zu verbessern und endlich positive Ergebnisbeiträge zu erwirtschaften, sind die Defizite im Gegenteil sogar noch erhöht worden. Seit Eröffnung am 04. April 2013 summieren sich diese auf über 28 Mio. Euro. Da sind die 3,4 Mio. Euro, die das Land Hessen, anders als beim Flughafen Frankfurt, freiwillig jährlich für Sicherungsleistungen übernimmt, noch nicht einmal berücksichtigt. Die jährlichen flughafenbezogene Steuereinnahmen hingegen stiegen von 25,7 Mio. Euro um 4,3 Mio. Euro nach Angaben des Hessischen Ministerpräsidenten auf lediglich 30 Mio. Euro. 2015 zählte Kassel Airport 65.000 Passagiere. 561.000 Fluggäste sollten es nach der Prognose des Münchener Unternehmens Intraplan Consult GmbH aus dem Jahre 2005 aber eigentlich sein. Die Passagier- zahlen befinden sich weiter im freien Fall und liegen für 2016 nur noch bei 54.822. Eine seriöse und tragfähige wirtschaftliche Perspektive für den Airport ist nicht erkennbar. Die zwischen den Koalitionsparteien für dieses Jahr vereinbarte Evaluierung kann daher eigentlich nur ein geordnetes Insolvenzverfahren mit Schließung des Airports zum Ergebnis haben, um weiteren Schaden vom Steuerzahler abzuwenden.

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, was sind nun aus der Sicht eines einfachen Bürgers meine Empfehlun- gen für die zukünftige Flughafenpolitik der hessischen Landesregierung?

1. Strikte Trennung von Premium- und Discountbereich
Ein Flughafenbetreiber mit Low-Cost-Carriern als Kunden muss sich organisatorisch völlig anders auf- stellen als ein Flughafenbetreiber, der das Hochpreis-Segment bedient. Auch unternehmerisch muss er auf diesem Markt völlig unabhängig agieren können. Low-Cost-Carrier sind extrem kostenbewusst, verzichten auf viele Leistungen oder kaufen sie als Fremdleistung ein, und sie sind durch flache Hie- rarchien äußerst flexibel. Ihnen muss ein entsprechend aufgestellter Flughafenbetreiber gegenüber stehen können. Die Lufthansa hat aus dieser Erkenntnis die richtige Schlussfolgerung gezogen und mit Eurowings eine eigenständige Fluggesellschaft ausgegründet. Kein 5-Sterne-Hotel käme auf die Idee, in einem Seitenflügel seiner Destination eine Low-Cost-Linie aufzumachen mit Pommesrestau- rants auf Mc Donalds Basis, weil dies nicht zur Unternehmensphilosophie passt und zudem ge-

schäftsschädigend wäre.

2. Ausgründung eines Low-Cost Flughafenbetreibers
Um punktgenau, kostenbewusst und kundenorientiert auf den Markt der Low-Cost-Carrier antworten zu können, muss der Flughafenbetreiber Fraport eine eigene Low-Cost Betreibergesellschaft aus- gründen, an der das Land Hessen mehrheitlich mit 50,1 Prozent beteiligt ist.

3. Betrieb von Kassel Airport durch die Low-Cost-Gesellschaft
Diese Low-Cost Gesellschaft übernimmt den zukünftigen Betrieb von Kassel Airport. Zu diesem Zweck übertragen Stadt und Landkreis Kassel sowie die Gemeinde Calden ihre Anteile an Kassel Air- port auf das Land Hessen, das seinen 100%-Anteil an Kassel Airport dann wiederum in die Betreiber- gesellschaft einbringt.
Entsprechend sind alle Low-Cost-Aktivitäten der Fraport AG am Flughafen Frankfurt einzustellen und nach Kassel zu verlagern.

4. Strategische Neuausrichtung des Frankfurter Flughafens
Es ist durchaus nachvollziehbar, dass die Fraport AG mit der Drehkreuzfunktion des Frankfurter Flug- hafens am wachsenden Weltluftverkehr partizipieren möchte und daher weiter massiv investiert. Die- ser Expansionskurs ist jedoch hoch riskant, weil Frankfurt mit seinem ineffizienten Bahnsystem ge- genüber den neuen Hubs in Istanbul, Dubai und Peking-Daxing, Eröffnung mit neun Startbahnen in 2018, nicht konkurrenzfähig ist. Man muss endlich zur Kenntnis nehmen, dass Frankfurt mit seiner Hub Funktion auf dem Weltmarkt kein Alleinstellungsmerkmal hat. Um dauerhaft finanziell auf siche- ren Beinen zu stehen, muss der Frankfurter Flughafen strategisch neu ausgerichtet und wieder das werden, was er nach seiner Selbstdarstellung eigentlich immer schon sein wollte, nämlich das „Tor zur Welt“ (und nicht deren Drehtür!!) mit Premium Dienstleistungen für die Mobilitätsbedürfnisse der Mo- nopolregion Rhein-Main. Nach dem Motto „Klein, aber fein“ lässt sich mit exzellenten, hoch effizienten und Kunden orientierten Dienstleistungen im Premium Segment auch heute noch Geld verdienen. Die eigenständige Marke Porsche macht es, obwohl in die Volkswagen AG integriert, jedes Jahr aufs Neue erfolgreich vor. Von der Drehkreuzfunktion und dem Terminal 3 Projekt müsste sich dann Fra- port allerdings in einem geordneten Rückzug endgültig verabschieden.

5. Ausbau des Segments External Activities & Services
Obwohl 2016 am Konzernumsatz nur mit 552 Mio. Euro beteiligt, trägt dieses Segment bei 345 Mio. Euro Umsatz bereits mit 50% zum EBIT-Ergebnis bei. Die Fraport AG ist ein erfahrener Flughafen-

betreiber, der sein operatives Geschäft hervorragend versteht und zunehmend seine langjährige, ex- zellente Expertise weltweit über das Segment External Activities & Services – die Beratung von Flug- häfen oder gleich die komplette Geschäftsübernahme im Rahmen eines Betriebsführungsvertrages – vermarktet. Fraport hat deshalb zu Recht diesen Bereich als einen der wesentlichen Wachstumstrei- ber identifiziert, sicherlich auch ein richtiger Schritt, um rückgängige Erlöse in den Segmenten Aviation und Ground Handling zu kompensieren. Dieses Segment gilt es zu stärken und weiter auszubauen, um Fraport weltweit als erste Adresse für Consulting, Support und Management von Flughäfen zu po- sitionieren.

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, gerne freue ich mich auf Ihre Antwort zu meinen Anregungen.

Antwort der Landesregierung

Wiesbaden, 02. Mai 2017

Sehr geehrter Herr Schinke,

wie versprochen übersende ich Ihnen die von den zuständigen Ressorts gegebenen Antworten zu Ihren Fragen.

Konkret zu einer Gründung eines Low Cost Carriers (Frage 2+3):

Zunächst möchte ich darauf hinweisen, dass die Möglichkeit des Landes, über seine Aktienbeteiligung auf die Firmenpolitik der Fraport AG Einfluss zu nehmen, beschränkt ist. Der Vorstand einer Aktiengesellschaft ist kraft Gesetzes weisungsunabhängig und- auch im Interesse der übrigen Aktionäre – allein dem Wohl der Gesellschaft verpflichtet. Es stellt sich hier die Frage, inwieweit die Gründung einer „Low-Cost-Betreibergesellschaft“ bzw. die Verlagerung des Low-Cost-Verkehrs nach Kassel im Interesse von Fraport liegt bzw. ins strategische Portfolio des Unternehmens passen soll.

Ungeachtet dessen wäre auch eine solche Betreibergesellschaft nicht ohne Weiteres in der Lage, den Low-Cost-Verkehr nach Kassel zu verlagern. Jede Fluggesellschaft entscheidet autonom, welchen Flughafen sie anfliegt. Ein Flughafenbetreiber hat hierauf ebenso wenig Einflussmöglichkeiten wie die Landespolitik. Etwaige Subventionierungen oder finanzielle Anreize mit dem Ziel, Fluggesellschaften an einem bestimmten Standort anzusiedeln, stoßen gerade mit Blick auf die Unternehmensbeteiligung der öffentlichen Hand auf sehr enge EU-rechtliche Grenzen und sind grundsätzlich nicht zulässig.

Ich glaube darüber hinaus, dass es sogar kontraproduktiv ist, wenn sich die Politik in die Ausrichtung eines Unternehmens (egal welche Branche) ungefragt einmischt –es sei denn, man kann bei Streitigkeiten vermitteln (siehe Anlage FR 25.04.17).

Zu Ihren allgemeinen Ausführungen zur Fraport und zum Flughafen Kassel Airport hat mir das zuständige Hessische Verkehrsministerium mitgeteilt, dass es bereits eine Vielzahl von Antwortschreiben an Sie gab, sodass ich hier mich auf diese beziehe.

Abschließend bedanke ich mich für Ihre Anregungen, die Sie sicher (insb. Frage 1,4 und 5) auch schon direkt bei der Fraport kommuniziert haben.

Mit freundlichen Grüßen
Gabriele Gottschalk
Abteilung Koordination
Referatsleiterin für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung

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